Am 3.11.2016 hat LOFT – die Landesorganisation der Freien Träger in der Erwachsenenbildung - in den Thüringer Landtag zu einem Fachgespräch eingeladen.
Unter dem Motto „Was passiert in diesem Land? Und welche Rolle spielt die Erwachsenenbildung in Zeiten aufwühlender Debatten um Demokratie und instabile Mehrheitsverhältnisse?“diskutierten die Bildungspraktiker mit Politkern der Regierungsparteien über Möglichkeiten und Chancen der Freien Träger der Erwachsenenbildung in Thüringen, aber auch über die Voraussetzungen, die es braucht, um nachhaltig Bildungsprozesse zu initiieren und zu begleiten.
Die Bildungsträger gaben einen Überblick über die vielfältigen Ansätze ihrer Bildungsarbeit und überzeugten die Politiker, dass sie durch die Unterschiedlichkeit ihrer Trägerstruktur eine große Breite an Zielgruppen erreichen, dass sie durch verschiedene Bildungsformate und den Einsatz vieler verschiedener Methoden ein sehr großes Potential für Demokratiebildung in verschiedensten Facetten besitzen.
Franz-Josef Schlichting von der Landeszentrale für Politische Bildung Thüringen gab wichtige Erklärungen für das Zustandekommen demokratiefeindlicher Entwicklungen. So müsse sich Erwachsenenbildung mit den Fremdheitserfahrungen vieler Menschen auseinandersetzen, die z.B. aus Globalisierung und technischem Fortschritt resultierten und nicht selten dazu führten, dass die Menschen im wahrsten Sinne des Wortes „ die Welt nicht mehr verstehen“ und eine Sehnsucht nach Begrenzung und Abgrenzung entwickeln.
Die bildungspolitischen Sprecher der LINKEN, Torsten Wolf, und der GRÜNEN, Astrid Rothe-Beinlich, messen den anerkannten Trägern der Erwachsenenbildung eine hohe Bedeutung bei der Demokratiebildung bei. Denn „Stimmungen sind ansteckend, Argumente leider nicht.“ Argumente müssen immer wieder vermittelt, kritisches Denken, Hinterfragen und Diskussionskultur müssen immer wieder erlernt werden. Steffi Lange vom LOFT-Vorstand wies in diesem Zusammenhang auf Oskar Negt und seine Aussage, dass „Demokratie die einzige politisch verfasste Gesellschaftsordnung ist, die gelernt werden muss – immer wieder, tagtäglich und bis ins hohe Alter hinein.“ Das bedeutet, dass jede Generation von Neuem demokratisches Denken, eine demokratische Haltung vermittelt werden muss – durch Sozialisations- und Erziehungsprozesse ebenso wie durch lebensbegleitende Lern- und Bildungsprozesse im Erwachsenenalter.
In der Diskussion wurde deutlich, dass es mehr und dauerhafte Demokratiebildung geben muss. Dies jedoch ist durch eine kurzfristige Bereitstellung von Projektfördermitteln nur sehr bedingt möglich. Vielmehr braucht es dauerhafte Strukturen in der Erwachsenenbildung, um über Konzeptentwicklung und Umsetzung nachhaltiger Bildung eine demokratische Kultur erfahrbar zu machen und ein kulturelles und gesellschaftliches Klima zu unterstützen.
Der Appell der Bildungsträger ging an die Politik, um die historische Chance der anstehenden Novellierung des Erwachsenenbildungsgesetzes zu nutzen, um die Erwachsenenbildung in Thüringen auf eine sichere Basis zu stellen und damit eine wichtige Voraussetzung für die Stärkung der Erwachsenenbildung zu schaffen.
Einig waren sich alle, dass die Gespräche zwischen Politikern und Bildungspraktikern regelmäßig fortgesetzt werden sollen.
Denn Erwachsenenbildung ist nicht nur in Zeiten aufwühlender Debatten um Demokratie und instabile Mehrheitsverhältnisse unverzichtbar, sondern eine Voraussetzung für die Stabilisierung demokratischer Prozesse.